Wir dokumentieren auch nicht aktuelle Leserbriefe, die vor der Gründung unserer BI geschrieben und größtenteils auch in der Lokalpresse veröffentlich wurden. Der folgende Leserbrief war für eine Veröffentlichung als Kommentar auf den WN-Artikel vom 11.7.1017 zu umfangreich, spricht jedoch weitere wichtige Aspekte an.
Betrifft: WN 11.7.2017 „CDU Gelmer kritisiert Bezirksvertretung Nord. ‚Unsinnige‘ Rieselfelder-Beschlüsse“ Man kann den Eindruck gewinnen, dass die CDU-Ortsunion Gelmer/Dyckburg (im Unterschied zu anderen CDU-Vorschlägen) an dem gegenwärtigen Zustand in den Rieselfeldern gar nichts im Sinne eines verbesserten Naturschutzes und einer größeren Verkehrssicherheit verändern will. Hoffentlich täuscht dieser Eindruck. Es wird bloß behauptet, dass die Mehrheitsbeschlüsse der Bezirksvertretung Nord „widersprüchlich und unsinnig“ seien. So einfach ist das aber nicht: Leider handeln zu viele Menschen nicht aus Einsicht in Belange des Naturschutzes noch aus Rücksicht gegenüber anderen Menschen im Straßenverkehr. Dass besonders zu bestimmten Zeiten sich in den Rieselfeldern mehrheitlich nicht an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h gehalten wird, ist u. a. Ausdruck davon, dass es überhaupt zu der nun nicht mehr akzeptablen Verkehrssituation dort gekommen ist. Nun anzunehmen, dass ein Anliegerschild allein ausreichend zur Verkehrsberuhigung beitrage, darf bezweifelt werden. Schilder im Straßenverkehr werden eben oft ignoriert. Den Einbau von Schwellen mag man als zu kostspielig ansehen werden, diese aber als „unzumutbar“ für Landwirte auszugeben ist vereinfachend und lenkt ab: Es ist z. B. (moralisch) unzumutbar angelogen oder betrogen zu werden. Aber ist es wirklich unzumutbar für den Naturschutz die Fahrgeschwindigkeit angemessen anzupassen bzw. bei vorhandenen Schwellen anpassen zu müssen? Vielleicht geht es letztlich um Bequemlichkeit. Und betriebswirtschaftlich dürfte ein so kleiner Zeitverlust auf kurzer Strecke wohl zu verkraften sein. Moralische Appelle bzw. die sogenannte „freiwillige Selbstverpflichtung“ helfen oft nur bedingt oder gar nicht. Schwellen oder sonstige Hindernisse helfen aber sehr wirksam, z. B. auch um Kinder in der Stadt oder Rieselfeld-besucher und Radfahrer durch das erzwungene Einhalten einer Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 km/h effektiv zu schützen. Was bei der Rieselfelder-Problematik immer mit zu bedenken ist: Die Rieselfelder stehen beispielhaft und symbolisch auch für eine sich zunehmend verschärfende Auseinandersetzung in der Öffentlichkeit und für die Vernetzung vieler Probleme. Die Zerstörung der Umwelt nimmt immer erschreckendere Ausmaße an und jedes zu zögerliche Handeln auf der individuellen wie politischen Ebene, jede Problemignorierung und -verschiebung, wird noch mehr Handlungsdruck erzeugen und spätere Zwangsmaßnahmen erforderlich machen. Politik muss mehr denn je begründete Vorgaben machen, eingebettet in begleitende Maßnahmen (z. B. eine andere Verkehrspolitik oder Subventionspolitik für die Landwirtschaft), mit der Unterstützung einsichtiger Bürger wie gestützt durch wissenschaftliche Erkenntnisse. Das Verkehrsaufkommen in den Rieselfeldern hängt sicherlich auch mit dem Verkehrskollaps durch die Einpendler zusammen, die das Naturschutzgebiet als Schleichweg benutzen. Aber insgesamt 300000 Einpendler-Autos nach Münster täglich rechtfertigen nicht die Coermühle (heimlich) als Entlastungsstrecke beizubehalten. Eine Anliegerstraße stellt ja bereits einen Kompromiss zwischen Naturschutz und anderen Interessen dar. Immer werden auch bei anderen Lösungen irgendwelche Unzumutbarkeiten angeführt werden. Jeder Bürger muss angesichts der sich verschärfenden Umweltproblematik Abstriche machen bei seinen unmittelbaren privaten wie ökonomischen Interessen, nicht zuletzt weil Wohlstand für alle und dessen Voraussetzung (eine intakte Natur) heutzutage nicht mehr einfach mit Wirtschaftswachstum gleichgesetzt werden kann bzw. zu erreichen ist. Ärgerlich ist es auch für Bürger zu sehen, dass dringend notwendige Entscheidungen in der Politik oft blockiert werden. Ob Anliegerstraße oder Fahrradstraße mit 30 km/h (unter Einschluss des Hessenwegs, der auch durch die Rieselfelder führt) und aus den oben gennannten Gründen mit Schwellen oder mit sonstigen Geschwindigkeit senkenden Hindernissen versehen: Mit Blick auf die Rieselfelder muss jetzt ohne politische Scheuklappen und der Sache des Naturschutzes nicht dienliche Koalitionstaktiken wenigstens ein halbwegs (dem Naturschutz und dem Schutz der Rieselfeldbesucher) dienlicher Kompromiss gefunden werden. Und es wird immer irgendwelche Personen geben, die einen ersten Beschluss als „unzumutbar“ empfinden. Einem noch zu realisierenden neuem Gesamtverkehrskonzept stünde rasches Handeln in dieser Sache nicht entgegen. Bodo Kensmann